Geschichte

 

Die Dom-Pedro-Schule

Nach den Plänen von Baurat Hans Grässel wurde 1898 mit dem Bau der Dom-Pedro-Schule begonnen. Gleichzeitig wurde ein „Schulprovisorium der Schule Neuhausen im Erdgeschoss des Städtischen Waisenhauses am Nymphenburger Kessel" eingerichtet. Die 4 provisorischen Klassenzimmer kosteten die Stadt 7.394 Mark. Schon im September 1899 konnte der Ostteil der Schule von 20 Klassen bezogen werden. Im April 1900 war das Haus fertig gestellt. Die Baukosten betrugen 616.499,55 Mark.
 

Mit der Dom-Pedro-Schule hat Hans Grässel ,,einen großzügigen Bau hingestellt, dem man seine Funktion auch von außen ansieht, mit hohen Räumen und dem damals üblichen Turnsaalterrassentrakt. Es ist ein richtiges Haus in des Wortes echter Bedeutung, mit großen Fenstern und einem prächtigen, wohlgegliederten Ziegeldach mit Mansardenfenstern, vielen Schornsteinen und Luftschächten in den verschiedensten Formen. Zwei harmonisch proportionierte Eingangsportale empfangen die Kinder, über die Rundfenster haben Kunstschlosser eine lustige bunte Vogelwelt, die sich in Zweigen tummelt, hingezaubert. Diese schmiedeeisernen, liebevollen Schöpfungen sind nach dem Kriege mit viel Sorgfalt wiederhergestellt worden, ebenso die kupfernen, gediegen geschwungenen Vordächlein. Aus dem Putz hoch oben im riesigen Giebelfeld grüßen zwei große Engel herunter, einer mit Fanfare. Sie haben das markante Münchner Stadtwappen in ihre Mitte genommen. ... Von einem ähnlich mächtigen Giebel in der Frundsbergstr. grüßt das Alpha und Omega im Strahlenkranz herunter.“[1] 

Dieser Schulhausbau war in den Dimensionen beeindruckend und stadtteilprägend. Zuvor war das Vorbild für das Schulhaus der Großstadt die Kaserne gewesen. Grässel setzte sich davon bewusst ab und verlieh seinem 1. Schulhausbau, unserer Dom-Dedro-Schule, eine künstlerische Gestaltung. Neben schultechnischen und hygienischen Gesichtspunkten (Brausebad) berücksichtigte er bereits die Ideen des bekannten Reformpädagogen Georg Kerschensteiner. 

Kerschensteiner wurde 1895 Schulrat der Stadt München. Mit seinen Bildungsidealen gab er dem Schulwesen eine neue Richtung. Er forderte eine Abkehr vom bisherigen Drill und dem mechanischen Auswendiglernen. Stattdessen sollte die Schule auf das praktische Leben vorbereiten. 

Für den „Handfertigkeitsunterricht der Knaben" wurden Werkstätten, für den hauswirtschaftlichen Unterricht der Mädchen Schulküchen eingerichtet. 

Neben der praxisnahen Ausbildung war das Bildungskonzept Kerschensteiners auf Integration und Gemeinschaftssinn ausgerichtet. Unsere Schule nahm deshalb nicht nur Schulkinder auf, sondern bot auch Raum für Kindergärten und Kinderhorte. Der Schulhof diente als Spielplatz für die Kinder des Stadtteils. Zusätzlich hatten die Schulen damals die Aufgabe der Armenversorgung. Im Suppensaal, der sich im Keller befand, wurden warme Mahlzeiten ausgegeben. 

Die Dom-Pedro-Schule bestand nach ihrer Vollendung im Jahr 1900 aus 47 Saaleinheiten samt Nebenräumen, davon waren 30 Schulsäle. Es gab 2 Turnsäle. Die darüberliegende Dachterrasse war für Freiübungen im Turnunterricht gedacht.

Ferner gab es: 

 1 Schülerwerkstätte   Hausmeisterwohnung 
 1 Brausebad    2 Oberlehrerzimmer 
 1 Suppenzimmer   1 Bibliothek 
 1 1/2 Säle Knabenhort   1 Konferenzzimmer 
 1 1/2 Säle Mädchenhort   1 Lehrmittelzimmer
 2 Kindergartensäle  

 

Der Kindergartenhof war 600 m2 groß, der übrige Schulhof samt Rasenflächen und Anlagen 2.230 m2

Die Schule war ausgestattet mit einer Niederdruckdampfheizung und Einzelklosetts. 

Sämtliche Säle waren mit Linoleum belegt. Die Räume wurden mit Gasglühbeleuchtung erhellt. Das Gaslicht in den Klassenzimmern wurde vom Hausmeister angezündet und gelöscht. Nach den Ferien füllte er in die Tintenfässer, die in die Schulbänke eingelassen waren, aus einem großen Tintenfass die schwarze Tinte. 

Die Dom-Pedro-Schule war eine Schule für Knaben und Mädchen, wobei der Mädchentrakt vom Knabentrakt getrennt war und je einen eigenen Eingang hatte. 

„Die einzelnen Schulsäle wurden im Durchschnitt auf 70 m2 Fläche für 60 Kinder eingerichtet. In der Regel bestand die Einrichtung in drei Reihen Schulbänken, für jeweils zwei Kinder, einem erhöhten Podium für den Lehrer und der Tafel."[2] 

„Bunte volkstümliche Bemalung der Türen, Wände und Schränke, der Turnsäle und Treppenhäuser im Inneren der Dom-Pedro-Schule nahmen dem Schulhaus die Stränge."[3] Um viele Details, wie die Türklinken und Schilder, kümmerte sich Grässel persönlich. Mit großer Sorgfalt widmete er sich der inneren und äußeren Gestaltung. Er glaubte, „dass Farben eine sinnlich-sittliche Wirkung auf Auge, Geist und Gemüt des Menschen ausüben.“[4] 

Die harmonische Gestaltung des Schulhauses sollte das körperliche Behagen und das Arbeitsvermögen der Schüler positiv beeinflussen und außerdem auf die Geschmacksbildung im neu eingemeindeten Stadtteil Neuhausen anregend wirken.

  

 


[1] Horn, Heinrich u. Karl, Willibald: Neuhausen: Geschichte und Gegenwart. München: Hugendubel, 1989, S.170

[2] Voglmaier, Edelgard: Hans Grässel, Architekt und städtischer Baubeamter in München 1860 - 1939 (Neue Schriftenreihe des Stadtarchivs München, Bd. 148). München: Uni-Druck, 1994, S.138

[3] Voglmaier, Edelgard: Hans Grässel, Architekt und städtischer Baubeamter in München 1860 - 1939 (Neue Schriftenreihe des Stadtarchivs München, Bd. 148). München: Uni-Druck, 1994, S.139

[4] Lasser, Moritz von: Der neue östliche Friedhof zu München, 1902 zit. in Voglmaier (siehe [2] und [3]), S.141